Sie ist nicht ganz einfach, die Suche nach den Rosen im Asphalt. Manchmal sitzt da zum Beispiel im Auswahlverfahren ein Bewerber, der vielleicht nicht das beste Zeugnis vorweisen kann. Doch dann kommt er mit Ralf Leonhardt ins Gespräch. Dass er fast jede freie Minute an seinem Moped herumschraubt, erzählt der junge Mann dem erfahrenen Ausbilder – und sofort geht Leonhardt auf Empfang. „Dann hak‘ ich nach und frag‘, was für ein Moped das ist, wie viel PS der Motor bringt und was er schon alles an der Maschine gemacht hat“, erzählt der 51-Jährige, bei dem sich eine lustige Lockenfrisur, eine Vorliebe für Karohemden und ein leicht schwäbischer Tonfall gut ineinander fügen.
Innerhalb von zwei Minuten weiß er, ob sich der Junge tatsächlich für sein Moped begeistert oder nur vor dem Ausbilder gut dastehen will. „Entweder sehe ich ein Leuchten in seinen Augen oder er wechselt schnell das Thema, weil ich ihn aufs Glatteis geführt hab‘. Doch wenn ich das Leuchten sehe, bin ich mir ziemlich sicher, dass wir am richtigen Bewerber dran sind, auch wenn das Zeugnis nur mittelprächtig ist.“
Als Leonhardt 1981 als Lehrling bei STIHL anfing, war er noch ein gutes Stück jünger als die meisten, die er jetzt in die Geheimnisse des Drehens und Fräsens einweiht. Beim Einstellungsgespräch, da war er erst 14, war noch seine Mutter dabei. Der Opa betrieb nicht weit entfernt von Waiblingen eine Gärtnerei mit vielen Apfelbäumen, die im Winter zurückgeschnitten werden mussten. „Dann hat er die STIHL Säge aus dem Schuppen geholt – und ich durfte mit ran. Daher war mir STIHL von Kindheit an ein Begriff.“ Als er den Schulabschluss hatte, haben der Opa, die Oma, der Vater, sie alle gesagt: „Ja, Bub, geh‘ zum STIHL.“
Ralf Leonhardt hat die Entscheidung nie bereut. Einige aus seinem Bekanntenkreis mussten sich schon zwei, drei Mal nach einer neuen Arbeit umsehen – er nicht. „Das weiß ich sehr zu schätzen, dass ich mich auf STIHL als Arbeitgeber verlassen kann“, sagt der zweifache Familienvater. „Wer beim STIHL arbeitet, kann auf die Zukunft bauen.“
Amüsiert zeigt Leonhardt auf einen Text am Eingang des Ausbildungscenters, der die Historie der Ausbildung im Unternehmen dokumentiert. „Wir sprechen geradeheraus, von Mann zu Mann“, formulierte anno 1965 der damalige Ausbildungsleiter. „Bei uns wird nicht nur kommandiert.“ „Nicht nur …“, sagt Leonhardt grinsend, „… aber überwiegend schon. Das war halt ein völlig anderer Zeitgeist, da dominierte noch der Typ des autoritären Ausbilders.“
Mit seiner Erfahrung aus fast vier Jahrzehnten STIHL die jungen Leute für das begeistern, was sie tun – das ist die Methode Leonhardt. „‚Du musst lernen!‘ ist absolut die falsche Ansprache“, ist er überzeugt. „‚Du willst lernen‘ – das möchte ich bei ihnen einpflanzen.“ Und wenn es bei einem mal nicht so gut läuft, scheut Leonhardt auch nicht die direkte Ansprache. „Wenn jemand längere Zeit neben der Spur ist, will ich ihm zeigen, dass mir das aufgefallen ist – und dass man hier mit seinen Problemen nicht allein gelassen wird. Dann wird g’schwätzt.“ Auf Schwäbisch, natürlich. Denn die meisten Auszubildenden kommen aus der Region, aus dem Murrtal, dem Remstal, dem Welzheimer Wald.
Ralf Leonhardt ist ein Mann, der „schon gern zurückguckt, was früher gut war. Aber ich schau viel lieber nach vorn.“ Demnächst will er sich erklären lassen, wie bis zu zehn iMow-Rasen-Mähroboter miteinander kommunizieren, die neueste Rasen-Mähroboter-Generation der Viking GmbH, einer hundertprozentigen STIHL Tochter. Und die wichtigen Themen für die Fabrik von morgen – vor allem Digitalisierung und Vernetzung – sollen noch stärker als bisher in die Ausbildung integriert werden. „Heute ist mir fast so etwas wie ein Slogan eingefallen“, sagt er zum Abschied. „Erfahrung trifft Zukunft – gemeinsam sind wir unschlagbar.“