Ein Labor für alle

EMV – die drei Buchstaben stehen für den sperrigen Begriff elektromagnetische Verträglichkeit. Dieser bezeichnet die Fähigkeit eines technischen Geräts, andere Geräte nicht durch ungewollte elektrische oder elektromagnetische Effekte zu stören oder durch andere Geräte gestört zu werden. Aus dem Alltag kennt man solche Phänomene beispielsweise von temporären Empfangsstörungen beim Radiohören, wenn in der Nähe ein anderes, oft altes, Gerät betrieben wird.

AUF DEM PRÜFSTAND
Bei allen STIHL Geräten werden deshalb vor der Markteinführung im Rahmen der Zulassung EMV-Prüfungen durchgeführt. Damit wird die Einhaltung von Emissionsgrenzwerten und die Robustheit gegenüber Störungen durch elektromagnetische Effekte von außen nachgewiesen, was für die Zulassung notwendig ist. Diese kosten- und zeitaufwendigen Messungen wurden bis vor Kurzem bei STIHL ausschließlich extern durchgeführt. Um am Ende eines Entwicklungsprojektes die unangenehme Überraschung einer negativen Prüfung zu vermeiden, werden entwicklungsbegleitend schon sehr frühzeitig die ersten Prototypen genau unter die Lupe genommen. Somit können Probleme an den elektrischen Komponenten rechtzeitig erkannt und behoben werden.

Da eine externe Prüfung mit Aufwand und Kosten verbunden ist, wurde auf Basis der bei STIHL Tirol bereits bestehenden Funk-Kammer beschlossen, ein eigenes EMV-Labor für die gesamte STIHL Gruppe aufzubauen. Durch den Betrieb eines eigenen Labors in Tirol ergibt sich der große Vorteil von zum einen schnelleren Messergebnissen und zum anderen einer direkten Reaktion der involvierten Teams.

VON FUNK ZU EMV
Ende 2022 wurde mit der Beschaffung der ersten Gerätschaften und Mitte 2023 mit dem Umbau der Funk-Kammer begonnen. Seit Ende 2023 werden nun EMV-Prüfungen entwicklungsbegleitend für batterie- und netzbetriebene Geräte in Langkampfen durchgeführt. Auch nach der Hochlaufphase werden nach wie vor verschiedene Themen und Prozesse weiterentwickelt und an die STIHL Prozesse und Anforderungen angepasst. Etliche Projekte konnten bereits erfolgreich mit Messungen bedient werden.

Robert Kugler (rechts) und Lukas Rotschopf sind bereits ein eingespieltes Team im neuen EMV-Labor bei STIHL Tirol. | Foto: STIHL Tirol

Robert Kugler (rechts) und Lukas Rotschopf sind bereits ein eingespieltes Team im neuen EMV-Labor bei STIHL Tirol. | Foto: STIHL Tirol

Der Kern des Labors ist die Schirmkammer, in der vollautomatisiert die gestrahlte Störaussendung und Störfestigkeit mit drei Metern Abstand gemessen wird. Dafür ist die Kammer mit einem Drehteller für die allseitige Vermessung sowie mit einem verstellbaren Antennenmast ausgestattet. Auf den Flächen vor der Kammer befinden sich die Prüfplätze für die Messung von Störaussendung und Störfestigkeit über Leitungen.

Gesteuert werden die Prüfungen von einer professionellen EMV-Software, wie sie auch bei anderen großen Prüfinstituten vorhanden ist. Der derzeit mögliche Prüfumfang orientiert sich an der klassischen EMV-Prüfung nach der Haushaltsgerätenorm (EN 55014 oder CISPR 14), wobei auch Prüfungen aus anderen Produktfamilien möglich sind. Da auch die STIHL Produkte vermehrt mit immer mehr Funktechnologien ausgestattet sind, sind in dem Labor Geräte vorhanden, um über Technologien wie zum Beispiel WLAN, LTE, GSM oder GPS eine Verbindung zum Prüfling aufzubauen und diese dann unter EMV-Bedingungen zu testen.

Für die Modifikationen an den zu prüfenden Geräten stehen außerdem Arbeitsplätze, Messmittel, Elektronikbauteile und unterschiedliche Werkstoffe zur Verfügung. Wenn alle Prozesse und Prüfungen im Labor stabil funktionieren, sind für die Zukunft auch die Prüfungen nach außereuropäischen Normen oder Prüfungen nach Funknormen denkbar.

FÜR DIE GANZE GRUPPE 
Auf die Kapazitäten des Labors können grundsätzlich alle Mitarbeitenden aus den Entwicklungsbereichen der STIHL Gruppe zugreifen. Das Labor versteht sich aber auch als ein Teil eines Netzwerks mit allen anderen Laboren, da kaum ein Labor allein all die komplexen Prüfumfänge aus EMV und Funk fachlich und kapazitätsmäßig abdecken kann. Derzeit sind unter der Leitung von Robert Kugler insgesamt zwei Kollegen in dem Labor tätig, die Fragen zu Prüfungen und Abläufen gerne beantworten.

Der neue Prüfraum für elektronische Verträglichkeit mutet durchaus futuristisch an. | Foto: STIHL Tirol
Der neue Prüfraum für elektronische Verträglichkeit mutet durchaus futuristisch an. | Foto: STIHL Tirol

DAS KÖNNTE SIE AUCH INTERESSIEREN